Thurgauer Zeitung, 16.9.2013
Gesang mit oder ohne Bewertung
VIVIEN STEIGER
RICKENBACH. Am Hinterthurgauer Sängertag nahmen 15 Chöre des Hinterthurgauer Sängerverbands mit rund 500 Sängerinnen und Sängern sowie der Gastchor Männerchor Harmonie Wil teil. Am Abend gab es eine Urkunde, auf Wunsch ein Prädikat.
Bei der katholischen Kirche in Rickenbach war am Samstag einiges los. Mitglieder eines Chors wuselten umher, einige sangen sich ein, andere warteten auf ihren Einsatz. Wer fertig war, machte sich auf den Weg zum Festplatz beim Thurlinden-Schulhaus. Damit jeder Chor wusste, wann er wo sein musste und die Experten die richtigen Unterlagen zur Hand hatten, musste der ganze Ablauf des Hinterthurgauer Sängertages im voraus organisiert werden. Diese Aufgabe übernahm die Bezirksdirigentin Jeannette Meier. Ihre Aufgabe war, die Wettgesänge zu koordinieren und das ganze Expertenwesen zu organisieren. «Jeder Chor hat acht bis zehn Minuten, in denen er zwei bis drei Lieder präsentieren darf», erklärt Jeannette Meier. «Die Musikstücke sind frei wählbar.»
Berufsmusiker als Experten
«Nach dem Einsingen werden die Chöre von zwei Experten angehört, dann folgt ein Gespräch mit einem der drei Experten. Bei diesem gibt er dem Chor positive und negative Rückmeldungen und gibt Tips für die weitere praktische Probenarbeit», erklärt Jeannette Meier den Ablauf. Die drei Experten Andreas Meier, Martin Jud und Patrick Secchiari wechselten sich dabei ab: «Einer ist am Gespräch mit dem Chor, und die zwei anderen bewerten den nächsten Auftritt.» Dann komme der Experte zurück in die Kirche, um mit seinem Kollegen den nächsten Chor zu bewerten, und der nächste geht zum Gespräch. «Vor sechs Wochen haben die Juroren alle Musikstücke erhalten, die vorgetragen werden. So konnten sie sich darauf vorbereiten.» Die Experten sind von der Schweizerischen Chorvereinigung ausgebildet. Sie sind Berufsmusiker: Sänger, Dirigent und Chorleiter. Der Gesangsvortrag wird jeweils nach Stimme, technischer Ausführung und Interpretation beurteilt und kommentiert.
Bewertung ist freiwillig
Zur Stimme gehören die Grundqualitäten, die Behandlung der Extreme, das heisst die ganz hohen und tiefen Töne, die Sprechtechnik sowie die Einsätze und Abschlüsse. Weiter werden die Einheitlichkeit des Chors und der Chorklang bewertet. Bei der technischen Ausführung achten die Experten auf die Tonabnahme, den Rhythmus, das Tempo, die Melodie, die Harmonie und Dynamik sowie die Intonation, die Reinheit des Gesanges. Zur Interpretation gehören die Stilkenntnisse des Chors, die Tempowahl, der Textbezug und die Agogik, sprich, ob sich der Chor dem Musikstück anpasst und mal schneller, lauter oder leiser singt. Weiter beurteilen die Experten die Phrasierung, das heisst, ob die Chormitglieder an der richtigen Stelle Luft holen, sowie die Werkwahl, die Ausstrahlung der Ausführenden, die Originalität und die Kreativität.
«Das Bewertenlassen ist für die Chöre freiwillig», erklärt die Bezirksdirigentin.
500 Sängerinnen und Sänger
Der diesjährige Sängertag wurde vom Männerchor Rickenbach organisiert. Rund 500 Sängerinnen und Sänger aus dem Hinterthurgau und der Umgebung nahmen daran teil und erhielten am Abend eine Urkunde mit, sofern gewünscht, einem Prädikat.
Nach dem musikalischen Teil folgte der Transfer per Shuttlebus in die Ägelsee-Turnhalle in Wilen. Dort sorgten das Kinderjodelchörli Tannzapfenland, die «Waldruhspatzen» sowie einige Chöre des Sängertages mit stimmungsvollen Lieder für einen fröhlichen Abend.
Thurgauer Zeitung, 16.9.2013